Discussion:
Disziplin
(zu alt für eine Antwort)
Thomas Norwin
2006-04-19 12:55:21 UTC
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Hallo,

mich würde interessieren, woher das Wort Disziplin kommt, speziell der
mittlere Teil -zipl-, und bei der Gelegenheit, wo ich derartiges in
Zukunft nachschlagen kann (Bücher, Internet?). Gibt es ein Buch, in dem
die Geschichte deutscher Wörter über alle Entstehungsphasen hinweg "bis
zu den Neanderthalern" (so ungefähr, grins) ausführlich beschrieben und
nachvollzogen wird? Wahrscheinlich ist das dann aber eine Enzyklopädie?
Das darf es aber gerne auch sein.

Sind disciplina und discipulo verwandt? Dann hat das "cip" was mit
Schule zu tun? Aber was soll das "dis" dann? Abteilung? Dann ist also
Disziplin ursprünglich der "Schulzweig", und meint "die Bahnung", also
die Ein- bzw. Unterordnung. Aha. Und Ordnung in diesem Sinn konstituiert
sich aus Prinzipientreue. Nicht schlecht. (einfach mal so ins Blaue
hineindeduziert, oder induziert? hmmm, na ja, egal...)

Summa summarum: Disziplin ist prinzipientreues Verhalten.

Warum artet Freiheit bloß immer wieder in Faulheit aus? Entropie? Ich
begreife es einfach nicht...

short-term-pleasure vs. long-term-reward... also sind Geduld und ein
langfristiger Fokus wichtig... und der Weg ist schon so gut wie das
Ziel, wenn alignment gegeben ist... na denn

Motivation durch Erreichenwollen eines Ziels, Zielerreichung wird
kontinuierliche Zieloptimierung, und der Rest ist Holismus... oder wie?
Wobei die christians sich dann beschweren, daß holism nicht wholism sei,
weil der "Whole" ein Wohl(wollend)er, also ein Guter zu sein habe und
der "Hole" ein hohler und eben nicht holy ist. Oder wie jetzt? Wobei
Jesus ja ohne Judas nicht gekreuzigt worden wäre, das Gute ohne das Böse
also keinen Sinn ergibt, und es eben doch "ums Ganze", also um Holismus
geht. Denn was man nicht versteht "holt" den Verständnislosen böse ein,
der sich dann mit "Disziplin" züchtigen muß. Ahhh, langsam wird es
klarer... Pausen sind also auch wichtig. Die Production/ production
capabilty *balance* im Auge behalten, die Rückkopplung nicht vergessen,
sonst übersteuert man, fährt den Karren gegen die Wand und hängt
schließlich nur noch in den Seilen. Ausgleich/ Ausgeglichenheit sind
also auch wichtig.

Das zugrundeliegende Prinzip von Disziplin ist also geduldige Hingabe,
und optimierte Disziplin ist Ausgeglichenheit.

Schönen Dank.

:-)
--
TN
Gerd Thieme
2006-04-19 13:33:25 UTC
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Post by Thomas Norwin
mich würde interessieren, woher das Wort Disziplin kommt,
Latein: discipulus - Schüler
Post by Thomas Norwin
speziell der mittlere Teil -zipl-,
Erschlossene lateinische Wurzel: *discipere = dis + capere
Post by Thomas Norwin
und bei der Gelegenheit, wo ich derartiges in Zukunft nachschlagen
kann (Bücher, Internet?).
Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
Grimm: Deutsches Wörterbuch
Post by Thomas Norwin
Gibt es ein Buch, in dem die Geschichte deutscher Wörter über alle
Entstehungsphasen hinweg "bis zu den Neanderthalern" (so ungefähr,
grins) ausführlich beschrieben und nachvollzogen wird? Wahrscheinlich
ist das dann aber eine Enzyklopädie? Das darf es aber gerne auch
sein.
Das wäre am ehesten der Grimm. Den gibt es online, allerdings auf immer
mal wieder wechselnden URLs, am besten jedes Mal nach DWB Grimm gugeln.
Post by Thomas Norwin
Sind disciplina und discipulo verwandt?
Ja.
Post by Thomas Norwin
Dann hat das "cip" was mit Schule zu tun?
Mit »[geistig] erfassen«.
Post by Thomas Norwin
Aber was soll das "dis" dann? Abteilung? Dann ist also
Disziplin ursprünglich der "Schulzweig", und meint "die Bahnung",
also die Ein- bzw. Unterordnung. Aha. Und Ordnung in diesem Sinn
konstituiert sich aus Prinzipientreue. Nicht schlecht. (einfach mal
so ins Blaue hineindeduziert, oder induziert? hmmm, na ja, egal...)
Scheint nicht recht schlüssig. Disziplin als Wissenszweig ist wohl nicht
die ursprüngliche Bedeutung, sondern eine Spezialisierung aus dem
15. Jahrhundert.
Post by Thomas Norwin
Summa summarum: Disziplin ist prinzipientreues Verhalten.
Nö, im Deutschen militärische Zucht (disciplina militaris).

Gerd
--
Vegetarier leben nicht länger, sie sehen nur älter aus
Gerd Thieme
2006-04-19 13:46:20 UTC
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Post by Gerd Thieme
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Grimm: Deutsches Wörterbuch
Wahrig: Herkunftswörterbuch
Duden: Etymologie

Gerd, nachtragend
--
Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht
Thomas Norwin
2006-04-19 18:13:59 UTC
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Post by Gerd Thieme
Post by Gerd Thieme
Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
Grimm: Deutsches Wörterbuch
Wahrig: Herkunftswörterbuch
Duden: Etymologie
Vielen Dank für die ausführliche Antwort und für die Buchtipps,
vielleicht sollte ich Etymologie zu meiner Disziplin machen? Wo lernt
man denn sowas? Kann man davon leben? Gibt es den Etymologen als
Berufsbild oder ist das nur eine Teildisziplin einzelner Sprachen?
Ethnologie und Anthropologie sind auch sehr interessant. Und Philosophie.

MfG
--
TN
Gerd Thieme
2006-04-19 19:31:18 UTC
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Post by Thomas Norwin
Post by Gerd Thieme
Post by Gerd Thieme
Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen
Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
Grimm: Deutsches Wörterbuch
Wahrig: Herkunftswörterbuch
Duden: Etymologie
vielleicht sollte ich Etymologie zu meiner Disziplin machen?
Versuch's doch. Damit wird man berühmt.
Post by Thomas Norwin
Wo lernt man denn sowas?
Wenn Du solche Fragen stellst: gar nicht.
Post by Thomas Norwin
Kann man davon leben?
Einen zahlenden Fürsten vorausgesetzt: ja.
Post by Thomas Norwin
Gibt es den Etymologen als Berufsbild oder ist das nur eine
Teildisziplin einzelner Sprachen?
Frag mal die Linguisten. Mit nur einer Sprache kommst Du als Etymologe
nicht weit. Was Du werden willst, ist vergleichender
Sprachwissenschaftler. Je poly, desto glotter.

Gerd
--
Um seine Kinder braucht sich heutzutage niemand zu sorgen. Wenn sie zu
nichts taugen, können sie noch immer in die Politik gehen. (Montaigne)
Ingo Dierck
2006-04-20 23:21:28 UTC
Permalink
Post by Gerd Thieme
Post by Thomas Norwin
Gibt es den Etymologen als Berufsbild oder ist das nur eine
Teildisziplin einzelner Sprachen?
Frag mal die Linguisten. Mit nur einer Sprache kommst Du als Etymologe
nicht weit. Was Du werden willst, ist vergleichender
Sprachwissenschaftler. Je poly, desto glotter.
Ach, Thomas sollte es sich nochmal überlegen. Ich habe auch mal
Indogermanistik studiert. Die Berufsaussichten sind wirklich sehr
bescheiden, wie Du, Gerd, ja schon andeutetest. In Kiel wurde während
meines Studiums noch das ganze Fach abgeschafft und in Allgemeine
Sprachwissenschaft umgewandelt. Also mußte ich meinen Magister bei dem
längst emeritierten Prof. Dr. Werner Winter machen. Allgemein sind die
Aussichten des Faches leider nicht gut.

Aber interessant ist es allemal. Wenn Thomas sich mit Allgemeiner
Sprachwissenschaft anfreunden könnte, innerhalb derer die diachrone oder
historische Sprachbetrachtung nur ein kleiner Teil ist, käme er
vielleicht weiter. Im Moment finanziert eine große Stiftung (Volkswagen
oder Bertelsmann? Ich weiß es nicht mehr.) alle möglichen Projekte zur
Aufnahme bedrohter Sprachen. Das wäre auch mal interessant. Allerdings
wäre das ausgesprochen außereuropäisch.

Gruß

Ingo
--
Ingo Dierck, dierck & meyer mediengestaltung
mailto:***@addcom.de
Thomas Norwin
2006-04-21 09:38:26 UTC
Permalink
Etymologen als Berufsbild [...]?
vergleichender Sprachwissenschaftler
Allgemeine Sprachwissenschaft
Danke.
--
TN
Hartmut Gastens
2006-04-19 13:37:02 UTC
Permalink
Thomas Norwin schrieb:

[den ein oder anderen Gedanken, dessen Richtigkeit angezweifelt werden
darf]

Ist das jetzt eine Frage? Erwartest du, daß wir deinen Worten
widersprechen? Oder hattest du Logorrhoe?

Hartmut
Klaus Scholl
2006-04-19 14:44:39 UTC
Permalink
Post by Hartmut Gastens
[den ein oder anderen Gedanken, dessen Richtigkeit angezweifelt werden
darf]
Ist das jetzt eine Frage? Erwartest du, daß wir deinen Worten
widersprechen? Oder hattest du Logorrhoe?
Logorrhoe, den Ausdruck habe ich gesucht!
Abgesehen von der Logorrhoe:
| discipulus, i, m. (viell. von *discipio, »nehme geistig auf«,
| Ggstz. praecipio, lehre, nehme etwas mit dem Schüler vor), [Quelle:
Georges]

Gruß vom Klaus.
Thomas Norwin
2006-04-19 17:58:41 UTC
Permalink
Hallo,
Post by Hartmut Gastens
Ist das jetzt eine Frage?
Teilweise.
Post by Hartmut Gastens
Erwartest du, daß wir deinen Worten widersprechen?
Ich habe nur laut gedacht. Und so blöd war's doch nicht. Was mir immer
noch nicht gefällt... wovon wird "abgegriffen" bzw. "was ist optimal"...
es hängt wohl von Bedingungen und von Prinzipien ab, und die sollte man
sich vergegenwärtigen, wenn Disziplin Bedürfnis wird. Dann ist man
wieder ausgeglichen.
Post by Hartmut Gastens
Oder hattest du Logorrhoe?
Nicht wirklich.

Ich hoffte nur auf eine etymologische Offenbarung.

Aber das mit der geduldigen Hingabe und der Ausgeglichenheit dürfte
hinkommen.

Insofern... trotzdem danke.
--
TN
Hartmut Gastens
2006-04-20 00:44:54 UTC
Permalink
Post by Thomas Norwin
Ich hoffte nur auf eine etymologische Offenbarung.
Dann würde ich nicht so weit abschweifen und beim Thema bleiben. Und
vielleicht mal Walde-Hofmann, Lateinisches Etymologisches Wörterbuch in
einer guten Bibliothek ausleihen.

Hartmut
Thomas Norwin
2006-04-21 09:39:24 UTC
Permalink
Post by Hartmut Gastens
Walde-Hofmann, Lateinisches Etymologisches Wörterbuch
Danke.
--
TN
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